Knappenman XXL

Yeah – I did it !!! Was für ein unglaublicher Tag dieser 29. August 2015.

9:23:33h.

Da steht es schwarz auf weiß. Eine Zielzeit, an die ich nicht einmal auch nur ansatzweise gedacht hatte, als im November 2014 die Vorbereitung auf diese Langdistanz begann.

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Vor einem Jahr an gleicher Stelle finishte ich meine erste Triathlon Langdistanz in einer für mich akzeptablen Zeit von 10:33h. Als Triathlon Quereinsteiger lief es damals eigentlich ganz rund. Dennoch machte ich einige Anfängerfehler, die sich auf der Marathonstrecke bitter bemerkbar machten. Es folgten die wohl härtesten 4 Stunden meines Sportlerlebens. Was ich jedoch aus diesem Rennen mitnahm war erstens die Gewissheit einen Ironman finishen zu können und zweitens die Aussicht es noch schneller und besser zu schaffen, wenn ich aus meinen Fehlern lerne und einige Dinge in der Vorbereitung verbessere.

So dauerte es damals keine 24 Stunden und die Anmeldung für 2015 war ausgefüllt. Das Ziel für die nächsten 10 Monate war klar – sub10h. Dies ist für viele ambitionierte Triathleten so etwas wie die magische Grenze. Danach wird es einstellig… 9:59h sieht einfach besser aus als 10:01h. Ist halt alles reine Kopfsache.

Der Knappenman ist eine top organisierte Veranstaltung. Mit 1000 Teilnehmern, die sich auf den verschiedensten Strecken über das ganze Wochenende verteilt tummeln, hat der Knappenman in den letzten Jahren immer mehr an Zulauf gewonnen. Dennoch ist die Atmosphäre familiär, was
man besonders im Start-/Zielbereich spürt. Jeder Teilnehmer wird hier persönlich vom genialen Moderations-Duo Stefan Bräuer und Markus Roder auf die nächste Rad-/Laufrunde geschickt oder im Ziel begrüsst. Es ist nicht das Mega Event wie Roth oder Frankfurt. Dafür hat man als Athlet aber ganz kurze Wege. Ob Anmeldung oder Check-in, alles ist dicht beisammen. Keine riesigen Wege und keine Menschenmassen, man kann sich voll und ganz auf seinen Wettkampf konzentrieren. Die Bedingungen auf den einzelnen Strecken sind hervorragend. Sauberes, klares Wasser, 1a Asphalt und nur wenige kleine Hügel.

Die Wetterprognosen für den 29.08.2015 waren für eine Langdistanz schon fast zu gut. Fast wolkenloser Himmel, kaum Wind und Temperaturen am Nachmittag von 30 Grad. Puuuh. Aber irgendwie waren in diesem Jahr fast alle meine Triathlon Wettkämpfe Hitzeschlachten, wenn ich an die Olympische Distanz in Storkow bei 38 Grad oder die Halbdistanz in Obertrum bei 35 Grad zurückdenke. Das war schon heftig, aber vielleicht auch eine super Vorbereitung auf die nun folgenden Stunden.

FB_IMG_1440879629051Pünktlich um 7 Uhr wurde dann eine übersichtliche Anzahl von Langdistanz-Athleten auf die 3,8km lange Schwimmstrecke geschickt. Das Wasser hatte angenehme 22 Grad. Neopren war also erlaubt, für die Meisten eine gute Nachricht. Am Vortag hatte es noch geregnet und es war mit ca. 18 Grad
draußen auch kälter als im Wasser. Das bedeutet aber meist dass sich auf Seen Nebel bildet. Und so war es auch. Die Bojen wurden vor dem Start sicherheitshalber noch zusätzlich mit neongelben Markierungen versehen. Zumindest die erste Boje war beim Start noch sichtbar, der Rest wird sich schon ergeben 🙂

Dann ging es endlich los. Ich fand sofort in meinen Schwimm-Rhythmus hinein, ich reihte mich so an Position 10 ein. Der Nebel wurde nach wenigen Minuten immer dichter, mehr als den direkten Vordermann sah man kaum noch. FB_IMG_1440879647751An der Spitzes des Feldes fuhr ein Boot, dem alle Schwimmer blind folgten, leider hatte aber auch der Bootsführer keine Sicht und driftete langsam vom Kurs ab. Irgendwann sah er dann wohl wieder die nächste Boje und änderte die Richtung. Es war ein Zickzack Schwimmen auf dem ersten Kilometer. Da man als Schwimmer aber keine Orientierungspunkte hatte, bemerkte man dies kaum. Erst die abendliche Auswertung der GPS Daten zeigte die Nebelauswirkungen deutlich 🙁 Es waren 150m Extrameter, die wohl jeder im Feld geschwommen ist. Im Nachhinein hörten wir dann das die Kampfrichter das Schwimmen eigentlich nach der ersten 1,9km Runde abbrechen wollten.

IMG-20150831-WA0000Doch kurz bevor der erste Schwimmer hier aus dem Wasser kam brach die Sonne durch und der Nebel verschwand innerhalb von Minuten.

In der zweiten Schwimmrunde waren so beste Bedingungen. Ich fühlte mich von Anfang bis Ende sehr gut im Wasser, das viele Schwimmtraining der letzten Wochen zeigte deutlich seine Wirkung. Nach 1:04:40h verließ ich das Wasser und machte mich auf den Weg in die Wechselzone. Vor einem Jahr brauchte ich noch 6 Minuten mehr. Damit war die Grundlage für einen erfolgreichen Tag gelegt.

Aber was sind schon 6 Minuten bei einer Zielzeit von 10 Stunden. Nichts! Daher Ruhe bewahren und konzentriert die 180km auf dem Rad angehen.

5b523bf4af44a950fa81e94cb3d2eb88__K_00140Wahrscheinlich hatte ich im letzten Jahr gerade auf der Radstrecke wegen ungenügender Vorbereitung und falscher Ernährung die Grundlage für einen verkorksten Marathon gelegt. Daher hatte ich in der Vorbereitung hier besonders viel gearbeitet und mit der Verpflegung experimentiert. Es gibt ja Riegel, Gels und alles mögliche in den unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen mit oder ohne Koffein, Glukose ja, Fruktose nein oder beides zusammen oder das Ganze doch lieber als langkettige Kohlenhydrate, mit etwas Protein dazu oder auch hier ganz ohne, mit Salz oder ohne … usw, usw.

Kurz gesagt man ist schlichtweg überfordert. Aber meistens hilft wie immer der gesunde Menschenverstand. Hervorragende Leistungen gab es lange bevor die Industrie die Sportnahrung für sich entdeckte 🙂 Da man einige Zeit unterwegs ist, sollte das was man isst auch schmecken – so gab es bei mir unterwegs Eierkuchen. 6 Stück hatte ich mir in der Wechselzone in meinen Einteiler gesteckt. Mit der Konsistenz und Zutatenliste hatte ich lange probiert und dann die für mich optimale Lösung gefunden. Kulinarisch waren die 180km ein Genuss, ca. 2 Stunden vor dem Radabstieg beendete ich das große (Fr)essen. So hatte der Magen noch genügend Zeit zu verdauen.

22179720_9265Die Radstrecke ist ein ca. 30km langer Rundkurs der 6-mal zu durchfahren ist. Es gibt auf der Runde einige kleine Hügel mit bis zu 5% Steigung, dennoch ist die Strecke flach. Aufsummiert kommen aber am Ende trotzdem 400 Höhenmeter zusammen, die jedoch sehr gut verteilt sind. Man kann sehr gleichmäßig fahren. Und genau das war mein Plan… gleichmäßig fahren, mit defensiven ersten 40-50km.

Im letzten Jahr fuhr ich eine eher mäßige 5:23h. Laut Plan sollte es eine 5:10h werden, für den besten Fall eine 5:05h.
Das Radtraining lief in diesem Jahr erstmals größtenteils wattgesteuert. So habe ich mich ausgehend von meiner im Juni ermittelten FTP von 231W auf ca. 80% für die Langdistanz festgelegt, was ca. 185W sind. Ich hatte jedoch im Hinterkopf dass diese FTP wahrscheinlich nicht mehr 100%ig passt, da
das Radtraining im Juni/Juli sehr gut war. Innerlich hatte ich mir 190W für das Rennen im besten Fall vorgenommen.

22182639_9273Nach 100km lag die durchschnittliche Leistung bei 200W. Ich fühlte mich top, steuerte jetzt aber doch entgegen, da mir dies etwas zu heftig erschien. Auch die Durchgangszeit von 2:25h zur Hälfte zeigte dass ich erheblich schneller war als geplant. Einerseits zwar ein schönes Gefühl andererseits aber auch beängstigend da man den Marathon noch im Hinterkopf hat und genau weiß was passiert, wenn man sich auf der Radstrecke abschießt.

Also nahm ich etwas Druck vom Pedal und fuhr die zweite Hälfte deutlich defensiver. Nach 4:53h stieg ich schließlich vom Rad. Eine irre Zeit, mit der ich nicht ansatzweise gerechnet hätte. Der perfekte Verlauf von Schwimmen und Rad sorgte außerdem dafür das ich mich vor dem abschließenden Marathon plötzlich in den Top Ten befand. Nach dem Schwimmen noch auf Platz 12 ging es auf dem Rad auf Position 9 nach vorn.

FB_IMG_1440879764803Doch wie wird der Marathon laufen??? Die Uhr zeigte nun 13 Uhr und das Thermometer war inzwischen auf knapp 30 Grad gestiegen, zudem war es wolkenlos und die Sonne schien nun erbarmungslos. Die Laufstrecke war ein 10,5km Rundkurs – flach und asphaltiert. Das mag ich. 4km waren immer schattig, danach 6,5km in der prallen Sonne – kein Wind. Hier liegt das EnergyLab des Knappenman, wo man 4x durch muss.

FB_IMG_1440959919575Sinnvoll ist es sich die Strecke im Kopf in viele kleine Etappen zu zerlegen und diese Stück für Stück zu bewältigen. Mit einer Rennzeit von 6 Stunden und 2 Minuten verließ ich die Wechselzone in Richtung Laufstrecke. Ich merkte bereits nach wenigen Metern, dass es sich besser anfühlte als ein Jahr zuvor. Die Beine waren noch recht locker und ich pendelte mich genau auf einer 4:45min/km ein. Das war in etwa das, was ich auch erwartet hatte.

Zugegeben es war verdammt heiß, aber wenn es läuft dann läuft es eben – positive thinking bringt den Rest. So liefen die ersten 20km locker durch. Immer schön in gleichmäßigen Abständen Salz, Gel, Wasser und den Kopf kühl halten.

Irgendwann fing das Rechnen dann an. Spätestens jetzt war klar die sub10h ist heute allemal drin. Selbst wenn die Kilometerzeit nun rapide bergab gehen würden, wäre dies noch zu schaffen. Die Vorfreude das Hauptziel zu erreichen, setzte dann auch noch die letzten Reserven frei. Die letzten 2 Runden waren hart, ja na und – nach 8 Stunden Wettkampf völlig normal. Aber der Kopf gab grünes Licht und die Beine funktionierten einfach. Fast unbemerkt hatte ich mich auf Platz 6 vorgeschoben. Mittlerweile waren auch viele Sportler von der Mitteldistanz (Start war 4 Stunden nach uns) auf ihren letzten Laufkilometern. Ist schon ein Ding wenn man 90% von ihnen beim Laufen überholen kann, obwohl man erheblich mehr Kilometer auf dem Tacho hat.

Auf meiner letzten Laufrunde wurde mir endgültig klar es geht in Richtung sub9:30h. Was für eine Zahl! Man kann es kaum in Worte fassen und wahrscheinlich wird man so etwas auch nur äußerst selten erleben (vielleicht nie wieder), der Körper ist geflutet von Glückshormonen. Und das nach fast 9 Stunden Sport am Limit. Es ist wie ein Rausch. Einzigartig. Und das Coole daran ist, der Zustand hält noch viele Stunden und Tage an. Eigentlich bis heute noch.

Das Tempo ging auf den letzten Kilometern noch einmal deutlich nach oben und nach 9:23:33h war es vollbracht. Ein Wahnsinn. Ach so, den abschließenden Marathon konnte ich mit einer ganz guten 3:20h durchlaufen, was am Ende des Tages Gesamtplatz 6 / AK-Platz 2 bedeutete.

Es war ein perfekter Tag an dem einfach alles passte (bis auf den morgendlichen Nebel vielleicht). Aber gerade das rundet die Sache vielleicht so richtig ab. Der Athlet, die Leistung und das Training ist das eine – doch ohne helfende und moralische Unterstützung von außen geht gar nichts. Und davon hatte ich mehr als genug.

Kerstin und Linus standen den ganzen langen Tag an der Strecke und versorgten mich an den markierten V-punkten hervorragend. Wie gesagt ein Sommertag mit 30 Grad und knalliger Sonne. Der See war nicht weit… man kann einen solchen Tag auch anders verbringen.

FB_IMG_1440959954406Und dann standen meine Vereinskameraden der Bernauer Lauffreunde in jeder Runde am Streckenrand und veranstalteten ein riesen Spektakel. Ich hörte sie immer schon von weitem. Was für ein Support. Danke ihr Lieben – das war Motivation und Gänsehaut pur.

Mit Stefan Bräuer als Moderator im Start-/Zielbereich hat jeder Athlet sowieso beim  Durchfahren/-laufen das große Los gezogen. Eine unheimlich stimmungsvolle und kurzweilige Moderation, eigentlich ein Motivator und Moderator, der Stefan.
Und dann waren da noch so viele andere Freunde am Streckenrand… die Lausitzer Laufpiraten am V-stand, Katrin, Romy, Rodger und und und… Seid alle sicher, ich werde diesen Tag und auch euren Beitrag dazu lange, lange nicht vergessen.

20150829_184804Wie es nun weiter geht und was in 2016 ansteht? Ich weiß es noch nicht. Ich muss das erst mal sacken lassen. Es wäre vermessen nun die nächste sub X.XX auf die ToDo Liste zu setzen. Ich weiß, dass ich mich am oberen Limit bewegt habe und vieles zusammen kommen muss, um überhaupt noch einmal in diese Region vorzustoßen. Aber ohne Zielsetzung funktioniert es bei mir auch nicht. Ich brauche ein Ziel auf das ich hin trainieren kann. Es muss auch nicht immer eine LD sein, obwohl dies natürlich die Champions League ist. Wir werden das in der Familie in den nächsten Wochen besprechen und dann das Jahr 2016 durchplanen.

2 Gedanken zu „Knappenman XXL

  1. Dies ist eine Spitzenleistung! Ich denke, da hast Du richtig „Blut“geleckt und wirst einige Jahre ganz vorn mitreden können! Gratulation! Ich hatte 6x solch ein über Wochen andauerndes Hochgefühl… und will dies noch einmal erleben. Finishen mit 63.Den gleichen Helm hab ich auch, ein Zeichen? Ich wünsche Dir noch oft solche großartigen Erfolge!

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